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„Hey Boss, ich brauch‘ mehr Apps“ – wie Mitarbeiter bei der Zusammenarbeit Fakten schaffen

von Oliver Chaudhuri – 10. Juni 2013

 

„Hey Boss, ich brauch‘ mehr Geld“ – Die Forderung von Gunter Gabriel hat sich in der Arbeitswelt des Jahres 2013 verschoben. Heute lautet sie:

„Hey Boss, ich brauch‘ Social Media. Weil sie meine Arbeit produktiver machen. Und wenn du sie mir nicht hinstellst, bring‘ ich sie eben selbst mit ins Büro. Ob es dir nun passt oder nicht …“

Neben „Bring your own Device“ kristallisiert sich in vielen Firmen offenbar ein zweiter Trend heraus: „Bring your own Service“: Eine aktuelle, weltweite Studie von Microsoft besagt: Arbeitnehmer fordern Zugang zu Social Tools am Arbeitsplatz – und sind immer weniger bereit, sich Tempo und Umfang ihrer Aktivitäten vorschreiben zu lassen.

  • Zwei von fünf der Befragten rechnen damit, dass Social Tools sie bei ihrer Arbeit gezielt unterstützen und ihre Produktivität deutlich verbessern würden.
  • In Deutschland sind sich sogar 50 Prozent der Befragten einig, dass „Social Enterprise“ zu mehr Effizienz in der Zusammenarbeit beiträgt.
  • Allerdings fehlen häufig entsprechende Arbeitsumgebungen. Europaweit gaben 27 Prozent an, dass ihre Unternehmen die Bedeutung von Social Tools noch unterschätzen und deren Nutzung stark einschränken.
  • Mehr als 37 Prozent der Teilnehmer gaben an, dass in den Unternehmen nicht ausreichend Social Tools für Collaboration zur Verfügung stehen.
  • 18 Prozent der Mitarbeiter sind angeblich sogar bereit, selbst in Social Tools zu investieren, um die Effizienz in der Zusammenarbeit mit den Kollegen zu verbessern.

 

Wie und wofür nutzen Mitarbeiter konkret heute schon „private“ Anwendungen für berufliche Zwecke? Hier drei alltägliche Beispiele aus Unternehmen, die wir unterstützen:

  • Nachrichtenaustausch in Echtzeit. Nicht alle Teammitgliedern haben Diensthandys? Ein Instant Messenger wird noch nicht verwendet? Macht nichts. WhatsApp fehlt heutzutage auf keinem Smartphone. Hierüber kann man sich bequem zusammenschließen, kurzfristig über Abwesenheit oder Terminverschiebungen informieren und auch von unterwegs geräuschlos Kontakt zum Büro bzw. den Teamkollegen halten.
  • Wissen teilen, Ideen sammeln. Ihr Unternehmen nutzt kein SharePoint o. ä. und sie möchten dennoch Wissen für sich und Kollegen strukturiert aufbereiten? Wikis lassen sich heute mit wenigen Mausklicks und einem geringem Grundwissen über Datenbanken selbst aufsetzen, z. B. mit dem freien Softwarepaket „MediaWiki“
  • Das schwarze Brett ist elektronisch (und öffentlich) geworden. Neue Mitarbeiter stellen sich und ihre Expertise kurz vor, Kollegen planen gemeinsame Freizeitaktiväten und teilen Ausflugstipps rund um das eigene Werk oder den Standort – das alles und noch viel mehr lässt sich auf einer Facebook-Seite orchestrieren. Schnell, kostenlos – beliebig erweiterbar.

 

All diese Beispiele sind sympathisch, zeugen von Involvement der Mitarbeiter – und sind mit den altbekannten Risiken behaftet: Verlust der Message Control für das Unternehmen, Reputationsrisiken durch „Unbedarftheit“, Datenschutz etc.

Doch mit simplen Verboten und Totschlagargumenten wie „Dürft ihr nicht“, „Will die IT nicht“ oder „Vielleicht später ‚mal, jetzt ist gerade kein Budget da“ lassen sich diese Mitarbeiter nicht mehr bremsen. Dafür sind sie bereits durch private Nutzungsgewohnheiten zu stark von Social Media „infiziert“. Unternehmen werden sich dem Thema Social Collaboration stellen und eine für ihre Organisation angemessene Lösung finden müssen – indem sie

  • Regeln formulieren und Leitplanken setzen: Was darf wo veröffentlicht und diskutiert werden – was nicht? Wo liegt tatsächlicher Business-Nutzen – und was ist Spielerei?
  • Content Owner und Frontrunner unterstützen: Wer treibt freiwillig welches Thema bzw. welche Aktivität voran? Wie kann das Unternehmen dieses Engagement durch Bereitstellung von ergänzendem Content und technischer Infrastruktur fördern und auf Eigenmedien integrieren?
  • Coachings und Trainings anbieten: Wo lauern Fallstricke? Wer hilft von Seiten der Unternehmenskommunikation, HR, Legal etc., wenn es doch mal brenzlig wird?

 

Warum Kommunikatoren durch das Social Intranet und Social Collaboration am Scheideweg stehen und was sie tun sollten, um nicht schleichend entmachtet und überflüssig zu werden, erläutert Prof. Dr. Holger Sievert von der Macromedia Hochschule (Köln) im JP│KOM Digital Flipcam-Talk.