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Netzwerkanalyse: Stakeholder-Konstellationen und -Issues mit Algorithmen mappen

von Melanie Raudszus – 14. March 2018

 

Händische Analysen stoßen angesichts der überwältigenden Menge an Kommunikationsinhalten vor allem intern an ihre Grenzen. Die Lösung könnten automatisierte Netzwerkanalysen sein. Dabei vermessen Algorithmen den Meinungsmarkt. Welchen Nutzen bringen sie für die strategische Kommunikation?

 

Händische Analyse:

Um aussagekräftige Ergebnisse aus einer Analyse zu erhalten, sind drei Voraussetzungen erforderlich:

  1. Der Analyse muss ein theoretisches Modell zugrunde liegen, das Aussagen über die Zusammenhänge in der Realität trifft.
  2. Es müssen genügend aussagekräftige Daten vorliegen/erhoben werden.
  3. Es bedarf ausreichender Ressourcen und eines festgelegten Vorgehens zur Erhebung der Daten.

 

JP│KOM nutzt für die Modellierung des öffentlichen Meinungsbildungsprozesses das Arena-Modell nach Renn (1992). Mit diesem spieltheoretischen Ansatz lassen sich Anspruchsgruppen und ihre Interaktionen analysieren. Im Zentrum der Arena stehen Akteure, die um die Meinungshoheit wetteifern. Ihre Bemühungen werden von weiteren Anspruchsgruppen und Meinungsmittlern beeinflusst. Allen Anspruchsgruppen stehen Ressourcen wie Vertrauen, Zugang zu Entscheidungsträgern und Glaubwürdigkeit zur Verfügung. Ziel der Akteure ist es, die eigenen Ressourcen zu mobilisieren, die der Gegenspieler zu schwächen und so die Meinungshoheit zu erlangen.

 

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Arena Modell der Finanzöffentlichkeit

 

Zur Vorbereitung strategischer Kommunikationsentscheidungen analysiert JP│KOM zudem die Themen im betreffenden Meinungsmarkt. Hierfür eignet sich eine Inhaltsanalyse aller identifizierten Artikel zu einem Thema in einem definierten Zeitraum. JP│KOM clustert die analysierten Themen angelehnt an das Mind-Mapping anschließend in einer Issue Map. Durch die Anordnung der Themen in ihrer relationalen Beziehung werden Argumentationslinien und thematische Lücken sichtbar.

 

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Muster einer Issue Map

 

Das manuelle Recherchieren, Lesen und Codieren der Beiträge ist zeitlich seit jeher aufwendig. Doch die rapide Zunahme des Contents im Internet und in den Social Media macht es unmöglich, weiterhin händisch eine repräsentative Stichprobe zu erheben und auszuwerten. Manuelle Analysen eignen sich heute nur noch, um ein erstes Stimmungsbild zu erfassen, sie bieten jedoch keine fundierte Basis mehr für strategische Entscheidungen.

Der Blick insbesondere in die USA zeigt neue Wege auf: Automatisierte Netzwerkanalysen zur Identifikation von Stakeholdern und Issues setzen große Datenmengen in relationale Beziehungen. Die Ergebnisse haben ebenfalls Ähnlichkeit zu klassischen Mindmaps.

 

1. MDigitalLife kartographiert die Akteure des Gesundheitsmarkts

Das Geschäftsmodell der auf Healthcare spezialisierten Agenturgruppe W2O aus San Francisco, USA, wird offensichtlich von der Analyse von Kommunikationsthemen und Akteuren getrieben. Analytics bilden bei W2O die Basis für alle weiteren Beratungstätigkeiten. An und für sich nichts Neues. Doch W2O hat dafür den Analytics-Dienstleister MDigitalLife an Bord – und der arbeitet mit der Netzwerkanalyse.

 

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Das Geschäftsmodell von W2O

 

MDigitalLife aus Austin, Texas, konzentriert sich auf die systematische Analyse von Online-Interaktionen im Gesundheitsmarkt. Nach eigenen Aussagen hat MDigitalLife die Online-Aktivitäten von mehr als 715.000 Stakeholdern (Stand Dezember 2017) aus dem Gesundheitsmarkt gemappt. Auf Basis dieser Daten ist MDigitalLife in der Lage, Trendthemen zu ihrem Ursprung zurückzuverfolgen und Meinungsführer zu identifizieren. In einem 7-minütigen Video erklärt Greg Matthews, CEO von MDigitalLife, das Geschäftsmodell am Beispiel der Rolle von Ärzten in der Gesundheitskommunikation.

MDigitalLife konzentriert sich in seinen Analysen weitestgehend auf die Akteursebene, zum Beispiel auf Ärzte und Gesundheitsorganisationen. Die analysierten Themen werden vorrangig genutzt, um die Beziehungsnetze zwischen den Stakeholdern zu beschreiben.

 

2. Quid verdichtet Themen und spürt Trends auf

Quid hat sich auf die automatisierte Analyse von Themen spezialisiert. Das Start-up sammelt Millionen von text-basierten Daten, wertet sie aus und setzt sie in Relationen. Die Ergebnisse werden in interaktiven Karten ausgegeben. Die Technologie wird standardmäßig in der Finanzbranche und für das Innovationsmanagement genutzt, aber auch immer mehr Kommunikationsverantwortliche wenden sich an den Dienstleister. Unter anderem setzt die NASA seit Mitte 2017 eine interaktive Themen-Landkarten des Meinungsmarkts zur Luft- und Raumfahrt als Grundlage für strategische Kommunikationsentscheidungen ein.

Der Mehrwert von Quid für die Unternehmenskommunikation wird in einer Case Study von Cisco deutlich. Cisco nutzt seit langem invertierte Netzwerkanalysen zur Evaluation und Entwicklung der Kommunikationsaktivitäten. Bis 2014 führte das Unternehmen die Analysen manuell durch. Die rasant steigende Anzahl relevanter Beiträgen in Online- und Offline-Medien bewegte die Kommunikationsabteilung schließlich zum Umdenken:

Zusammen entwickelten Quid und Cisco eine automatisierte Analyse zum Themenfeld IoT. Durch die vorangestellte Identifikation der Meinungsführer sollte sichergestellt werden, dass ausschließlich relevanter Content in die Analyse aufgenommen wird. Die Ergebnisse gaben Aufschluss über Veränderungen im Markt und Aktivitäten der Wettbewerber. Zudem machten sie den Erfolg eigener Kommunikationsbotschaften sichtbar und zeigten Potenziale in der Themenstruktur auf.

 

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Interaktives Netzwerkdiagramm von Quid zur Darstellung der Ergebnisse

 

3. Linkfluence: Marketing Intelligence mit der Netzwerkanalyse

Auf dem deutschen Markt bietet der Analysedienstleiter Linkfluence Marketing Intelligence Analysen für Konsumentenmarken und Kunden in der Gesundheitsbranche. Dafür wertet Linkfluence jegliche Online-Aktivitäten in einem definierten „Digital Tribe“ (Untersuchungsfeld) aus und stellt diese in einem interaktiven Netzwerk dar. Je häufiger auf eine Website verlinkt wird, desto höher gewichtet Linkfluence ihre Relevanz. So kann die Entwicklung von Themen bis auf Ihren Ursprung im Internet nachvollzogen werden. Die retrospektiven Daten können anschließend als Grundlage für strategische Entscheidungen herangezogen werden.

 

Fazit: Algorithmen und Menschen bilden ein gutes Team

Ganz gleich ob manuell oder automatisiert, jeder Analyse muss ein schlüssiges Untersuchungsmodell zugrunde liegen. Es stellt sicher, dass die richtigen Inhalte betrachtet und relevante Aussagen erhoben werden. Die Entwicklung dieser Modelle liegt auch bei MDigitalLife, Quid und Co. weiterhin in der Verantwortung von Menschen und erfordert breite Marktkenntnisse.

Sobald das Modell steht, können Computer die Fleißarbeit übernehmen. Sie sind in der Lage, unstrukturierte Menge an Kommunikationseinheiten innerhalb kürzester Zeit effizient und valide zu analysieren.

Einen wesentlichen Gewinn stellt die Ausgabe der Daten in interaktiven Diagrammen dar, die den Zugang zu den Ergebnissen für den Berater / Kommunikationsverantwortlichen erleichtert und die Erkenntnisebenen anschaulich aufzeigt.

Die anschließende Ableitung von strategischen Kommunikationsempfehlungen liegt dann wieder in der Hand des Menschen. Denn wenn es um Kreativität und strategische Entscheidungen geht, ist das menschliche Gehirn immer noch besser als jeder Algorithmus!

 

Leseempfehlung:

Irreversible: The Public Relations Big Data Revolution

  • Case Study 1: MasterCard – Applying Social Media Research Insights for Better Business Decisions
  • Case Study 2: Southwest Airlines – Big Data PR Analysis Aids On-time Performance
  • Case Study 3: Cisco Systems, Inc. – Big Data Insights through Network Visualization