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VUCA managen: Hohe Anforderungen an Führungskräfte

von Daniel Konrad – 12. Januar 2017

 

Die Digitalisierung erfordert einen Paradigmenwechsel in der Führungskultur. Führungskräfte sehen sich mit der VUCA-Welt konfrontiert. Das Akronym VUCA ist gebildet aus Volatility, Uncertainty, Complexity und Ambiguity. Die ursprünglich aus dem US-Militär-Jargon stammenden Begriffe sind zu einem festen Bestandteil der Managementliteratur geworden (Thorsten Petry, (Hrsg.), 2016: Digital Leadership):

  • Volatility. Die Kunden von heute sind nicht mehr automatisch auch Kunden von morgen. Neue Wettbewerber aus vorgelagerten Wirtschaftsstufen oder anderen Industrien tauchen auf, mit denen niemand gerechnet hat. Daraus ergibt sich die Frage: Wer sind unsere Kunden und unsere Wettbewerber von morgen? Der Innovationsdruck in den Unternehmen nimmt massiv zu und wird weiter ansteigen.
  • Uncertainty. Viele Unternehmen erleben, dass Kunden und Wettbewerber nicht mehr eindeutig lokalisierbar sind. Entsprechend schwierig gestalten sich Planungen für die Zukunft und langfristige Strategien. Die Ungewissheit über Marktentwicklungen nimmt zu. Im Zuge des exponentiell ansteigenden Wissens entwertet sich Wissen schneller. Lebenslanges Lernen wird zur Pflicht.
  • Complexity. Die Unternehmen müssen jederzeit in verschiedene Richtungen denken und entsprechende Szenarien durchspielen. Die globalen Wirtschaftskreisläufe werden immer komplexer, verzahnter und dadurch anfälliger. Politische Rahmenbedingungen bieten nicht mehr langfristige Orientierung, sondern sind häufigen Richtungswechseln unterworfen. Der Fachkräftemangel beschleunigt das Problem. Unternehmen suchen oft vergebens nach Generalisten, die ihre Komfortzone rasch verlassen und sich schnell in neue, unbekannte Sachverhalte einarbeiten können. In diesem Umfeld wird mentale Agilität zur zentralen Kompetenz – sie kann sich nur in einer neuen Unternehmenskultur entfalten.
  • Ambiguity. Häufig fehlen klare Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge, die Zahl der Parameter in der Gleichung nimmt zu. In Folge funktionieren etablierte und erfolgreiche Geschäftsmodelle plötzlich nicht mehr. Unternehmen müssen zunehmend neue Wege einschlagen – ohne zu wissen, ob sie Erfolg haben.

 

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Agiles Modell für eine zeitgemäße Führungskultur

Das auf Willms Buhse (Willms Buhse, 2014: Management by Internet) basierende VOPA+ Modell ist die Antwort auf die VUCA-Welt. Das Akronym steht für Vernetzung, Offenheit, Partizipation, Agilität plus Vertrauen und beschreibt ein agiles Führungsmodell:

  • Vernetzung der diversen, bestehenden Kanäle. Dies schließt soziale Medien und virtuelle Communitys ebenso ein wie kollektive Intelligenz (Schwarmintelligenz).
  • Offenheit zeigt sich in der aktiven Weitergabe und Bereitstellung von Informationen. Nur so können alle relevanten Akteure konstruktiv an der Lösung von Problemen und der Entscheidungsfindung mitwirken.
  • Partizipation bedeutet die aktive Einbindung aller Mitarbeiter in Prozesse und relevante Entscheidungen. Dafür benötigen Mitarbeiter abgestimmte Kompetenzbereiche mit definierten Aufgaben und klarer Verantwortung.
  • Agilität lässt sich an einer veränderten Führungskultur ablesen. Mitarbeiter werden positiv bestärkt. Autonome Arbeit wird ermöglicht und gefördert. Oft geht hiermit auch eine neue Fehlerkultur einher.
  • Vertrauen in sich selbst und in die Mitarbeiter im Netzwerk steht für die Führungskräfte oft im Mittelpunkt. Führungskräfte müssen lernen, Mitarbeitern bzw. dem Netzwerk zu vertrauen – und loslassen können.
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Aus dem VOPA+ Modell erwachsen neue Anforderungen auch an die Kommunikation. Ihre Rolle besteht nun darin, Kollaboration zu ermöglichen, damit Partizipation und Vernetzung in die Tat umgesetzt werden können:

  • Transparent kommunizieren. Mitarbeiter müssen mehr denn je selbst entscheiden, ob und wie sie mitwirken. Führungskräfte machen die Ziele eines Projekts bei allen Mitarbeitern bekannt und kontinuierlich bewusst. Die Kommunikation muss den Führungskräften Tools bereitstellen, die sie in Teammeetings und Workshops nutzen können. Eine Toolbox, die die Unternehmenskommunikation gemeinsam mit dem Personalbereich entwickelt, gibt Schritt-für-Schritt Anweisungen für das Downcascading.
  • Zwischenziele definieren. Für jeden einzelnen Mitarbeiter werden Teilziele und Meilensteine vereinbart. So wird den Mitarbeitern bewusst, wie ihr eigenes Handeln zur Zielerreichung des Unternehmens beiträgt. Werttreiberbäume für die Abteilung können die Ziele auf verschiedenen Ebenen veranschaulichen und die Ursache-Wirkungs-Beziehungen zwischen Teilzielen und übergeordneten Unternehmenszielen visualisieren.
  • Ziele kontrollieren – nicht Anwesenheit und Arbeit. Meilensteine sorgen für Transparenz und Verbindlichkeit. Dabei ist es wichtig, dass sich die Vereinbarungen an persönlichen sowie beruflichen Zielen orientieren. Scorecards halten die Messgrößen fest und helfen bei der Evaluierung.
  • Eigenverantwortung stärken. Das Gefühl, möglichst selbstbestimmt handeln zu können, ist Voraussetzung für eine positive Einstellung zur neuen Unternehmenskultur. Die Kommunikation stellt dafür Medien bereit, die größere Handlungsspielräume signalisieren und ermöglichen. Insbesondere durch digitale Plattformen werden Mitarbeiter stärker zu frei handelnden Akteuren.
  • Offenen Zugang zu Informationen gewährleisten – Wissen teilen. Social Networks, Corporate Wikis oder Blogs sowie projektbezogene Foren fördern das Wissensmanagement und die Zusammenarbeit im Team und darüber hinaus. Besonders in großen Unternehmen, bei denen Mitarbeiter über mehrere Standorte und Länder verstreut sind, können interne Social Networks den Aufbau und die Pflege von unternehmensweiten Netzwerken begünstigen. Aussagekräftige Profile aller Mitarbeiter legen fachliche und persönliche Fähigkeiten offen.
  • Kollaborative Zusammenarbeit – über Teamgrenzen hinweg. Kollaboration bedeutet weg von der One-to-many, hin zur Many-to-many Kommunikation. Informationsvermittlung erfolgt nicht mehr dominant top-down aus dem Management. Mitarbeiter tauschen sich untereinander aus und kommunizieren auch bottom-up zur Geschäftsführung. Führungskräfte sind dazu aufgerufen, ihre Mitarbeiter zur aktiven Teilnahme zu ermutigen.
  • Selbstgesteuertes Arbeiten ermöglichen und Innovationen fördern. Mitarbeiter werden motiviert, sich an Entscheidungen oder Produktentwicklungen zu beteiligen. Die Kommunikation kann die kollektive Intelligenz aller Mitarbeiter zum Beispiel über Prediction Markets bündeln: Die Einschätzung der Mitarbeiter über Markttrends kann sich das Unternehmen für seine Geschäftsziele zunutze machen. In einem Jam können  Mitarbeiter in moderierten Foren Ideen entwickeln, bewerten und diskutieren. Mitarbeiter können sich stärker selbst beteiligen, nehmen an einem strukturierten Innovationsprozess teil und beschäftigen sich mit strategischen Fragestellungen. Das motiviert sie zudem, Botschaften selbst nach außen zu tragen.

Nur mit Kommunikation, die von Vertrauen, Offenheit, Partizipation, Vernetzung, Agilität und einem entsprechenden Führungsstil geprägt ist, lässt sich die VUCA-Welt überwinden – und der Sprung ins digitale Zeitalter meistern.

 

Bildquelle: a katz/Shutterstock, Vucabook.com, Digicomp.ch