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Remarkable Content wirkt

von Jan Fulle – 03. November 2016

 

Theoretisch ist digitales Marketing ganz einfach: Mehrwert bringende Inhalte, verpackt in attraktive Medienangebote, alle medialen Touchpoints zum Kunden sind besetzt. Doch das Einfache ist schwer zu machen – das wusste schon Bertolt Brecht.

 

1. Bank of New Zealand: Remarkable Content – ganz individuell

Emotionen führen zu suboptimalen Anlageentscheidungen. Angst, Neid und Gier hebeln die Rationalität aus – das zeigen Studien über das Anlageverhalten. Die Bank of New Zealand (BNZ) hat aus diesem Problem eine attraktive Kampagne gemacht. „Be good with money“ lautet der Claim der Bank.

Folie der Story ist das Hype-Thema Gesichts-Scanning – hier als „Emotion-Scan“. In Zusammenarbeit mit dem Schweizer Software-Hersteller Viso und dem Psychologen Stuart Carr adaptierte die BNZ eine Technologie, die bereits kleinste Veränderungen des Gesichtsausdrucks erkennt und einer Stimmung zuordnen kann. Mit eingeschalteter Web-Cam durchläuft der Nutzer verschiedene finanzielle Situationen am Bildschirm. Auf Basis des Gesicht-Scans analysiert die Software auf die Sekunde genau, welche Themen beim Anleger Unbehagen, Euphorie oder andere Gefühle hervorrufen. Genau zu diesen Themen wird der Nutzer anschließend eingeladen, sich mit Beratern der BNZ in Verbindung zu setzen, um über die Reaktionen zu reden („Be good with money“).

Unsicherheiten erkennen, Kunden befähigen

EmotionScan war das Herzstück der Kampagne. Er wurde in digitalen Medien der Bank, aber auch durch interaktive Tests in Fußgängerzonen und an Bushaltestellen vermarktet.

Die einzigartige User Experience war dabei nicht nur nette Spielerei, sondern barg sofortigen Erkenntniswert für den User. Vor allem aber schaffte sie Kontaktanlässe und führte zum Beratungsgespräch.

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Sogar von unterwegs: Kunden scannen ihre Emotionen an einer Bushaltestelle

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Nach dem sogenannten EmotionScan erhielt der Nutzer eine detaillierte Auswertung darüber, wie verschiedene Finanzszenarien auf ihn wirken.

 

2. KBC Bank: On- und Offline-Kanäle geschickt vernetzt

Die digitale Marketing-Strategie der belgischen KBC Bank leitet sich aus ihrer Positionierung ab: Die KBC versteht sich als erster Ansprechpartner für Jung-Unternehmer und solche, die es werden wollen. Seit der Finanzkrise wird das Unterfangen Unternehmensgründung allerdings gerade bei dieser Zielgruppe als zunehmend riskant wahrgenommen. Das Thema besitzt öffentliche Relevanz in Belgien – das Land hat zu wenige Gründer. Ein Top-Thema, das die KBC durch ihre „The Gap in the Market“-Kampagne aufnahm.

Das Issue entfaltete sein virales Potenzial. Ein Online-Tool erfasste Kundenbedürfnisse, verortete sie regional und gab Hinweise auf Marktnischen. Dazu mussten User lediglich ihre Postleitzahl eingeben und auf der Karte eintragen, welche Dienstleistung oder welcher Wirtschaftszweig ihnen in ihrer Stadt oder Region fehlt – ganz gleich ob Bäcker, Schuster oder Elektronikfachgeschäft. Aufstrebende Unternehmer wiederum konnten auf diese Daten zugreifen und sie auswerten: Wo fehlt was? Wo könnte sich eine Neugründung lohnen? Die dadurch entstehenden Geschäftsideen wurden ebenfalls auf der Plattform geteilt.

Die Microsite wurde durch eine integrierte Kommunikationsstrategie unterstützt: Für Aufmerksamkeit im Netz sorgten durch IP-Tracking individualisierte Online-Banner, stadtspezifische Plakate machten – passenderweise an Schaufenstern leerer Geschäftsräume – das Tool bekannt. Partnerschaften mit Radiosendern und einer großen Zeitung sorgten für Reichweite in den klassischen Medien. Das Ergebnis: 171.157 erkannte Marktlücken und 1.500 eingereichte Geschäftsideen!

Relevanz über die Zielgruppe hinaus

Die KBC verstand es, ein wichtiges Issue ihrer Zielgruppe zu erkennen und Unsicherheit bei potenziellen Neugründern zu reduzieren. Das schaffte Mehrwert für junge Unternehmer und gleichzeitig auch für Regionen mit infrastrukturellen Defiziten – und führte zu einem spürbaren Zulauf an Kunden für die KBC.

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Die „The Gap in the Market“-Kampagne der KBC kombinierte Online- und Offline-Kanäle.

 

User Experience im Mittelpunkt des digitalen Marketings

  • Die Marketing-Botschaften werden nicht als Ich-Messages der jeweiligen Bank, sondern konsequent aus Kundenperspektive formuliert.
  • Die digitale und mediale Umsetzung ist vorbildlich, hätte ohne den starken Content aber nicht funktioniert.
  • Beide Kampagnen sind keine Online-Insellösungen, sondern wurden crossmedial vernetzt und über alle medialen Touchpoints der Kunden gespielt.

Beide Kampagnen waren deshalb so erfolgreich, weil alle Anforderungen des digitalen Marketings – Remarkable Content, Attraktive Medien, Bruchlose User Journey – optimal erfüllt wurden.