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Teil 3: Automatisierung in Marketing und Kommunikation – werden Fachleute überflüssig?

von Jörg Pfannenberg – 03. Mai 2017

 

Bekanntlich sind Bots schon heute in der Lage, Kundenanfragen weitgehend automatisiert zu bearbeiten. Die Anfragen sind typologisiert und werden dann überwiegend richtig erkannt, der Bot sucht die Antwort aus der Datenbank heraus und stellt sie dem Anfrager persönlich zu. Natürlich gibt es einzelne Fälle, wo das nicht ausreicht. Für diese fünf Prozent müssen dann bis auf Weiteres Menschen tätig werden.

Bisher werden Bots überwiegend als Bedrohung gesehen …

Tatsächlich ist damit zu rechnen, dass deutsche Unternehmen in den nächsten Monaten entweder von Organisationen aus dem Ausland, von Gegnern oder vielleicht auch von Wettbewerbern mit Angriffen durch Bots konfrontiert werden. Dafür brauchen sie eine Abwehrstrategie. Aber noch wichtiger ist es, die Chancen zu nutzen: Neue Technologien sind erst einmal ethisch neutral, es kommt darauf an, was man daraus macht. Für Unternehmen ist es auf jeden Fall sinnvoll, selbst Bots für Standardprozesse und die Bearbeitung von Standardanfragen einsetzen – auch für kritische Fragen und in den Social Media. Denn selbst bei kritischen Themen gibt es doch meist nur 10 bis 15 Fragestellungen: Die Fragen sind immer dieselben – die Antworten können auch Bots erledigen.

Dann braucht es den Menschen in der Kommunikation bald nicht mehr?

Auch wenn Algorithmen die Kommunikation in Teilen steuern und übernehmen und die Analysen durchführen, geht es nicht ohne den Menschen. Fachleute müssen die Algorithmen coden, die Prozesse steuern und kontrollieren. Nur Menschen setzen Analyseergebnisse in Managementhandeln um. Aber das Tätigkeitsprofil von Kommunikatoren wird sich stark verschieben: hinein in die Modellierung solcher Geschäftsprozesse und vor allen Dingen in das Aufsetzen der entsprechenden Algorithmen und Steuerung.

Aber viele Funktionen werden überflüssig, oder?

Sicherlich wird die Automatisierung zu Effizienzvorteilen führen. Denken Sie zum Beispiel an die Analyse, wo ein Team aus Studenten wochenlang codiert und unter Anleitung eines Fachmanns Worte ausgezählt hat. Künftig wird der Experte das Modell konzipieren und idealerweise auch den Crawler und den Algorithmus programmieren. Und dann wird es jemanden geben, der die Ergebnisse anguckt und ggf. weitere Auswertungen umsetzt.  

Über welche Fähigkeiten müssen Kommunikationsfachleute in Agenturen und Unternehmen zukünftig verfügen?

Ohne Zweifel wird sich das Tätigkeitsprofil verändern, entsprechend den beschriebenen neuen Strukturen und Prozessen: Kommunikationsexperten müssen die neuen Tools kennen und installieren. Vor allem aber müssen sie neues Wissen in zwei Feldern aufbauen: erstens zu Geschäftsmodellen und der Rolle von Kommunikation in verschiedenen Geschäftsmodellen. Zweitens müssen Kommunikatoren künftig zumindest wissen, wie Algorithmen konzipiert und wie sie zum Arbeiten gebracht werden: Sie müssen dann mit Programmierern sprechen können, die solche Algorithmen aufsetzen, und sie müssen mit diesen Tools arbeiten können. Das bedeutet für die Ausbildung, Kommunikateure müssen in Ansätzen programmieren können – zumindest soweit, dass wie verstehen, was da passiert. Und zweitens müssen sie so viel betriebswirtschaftliches Verständnis haben, dass sie den Veränderungen der Geschäftsmodelle von Unternehmen folgen und durch ihr eigenes Geschäftsverhalten dazu einen Beitrag leisten können.